IN VIA Landesverband Bayern
IN VIA Bayern e.V.
Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit

IN VIA fordert mehr Schutz vor Genitalverstümmelung

Freiburg. Anlässlich des von den Vereinten Nationen ausgerufenen Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen fordert IN VIA Deutschland, Genitalverstümmelung konsequent als geschlechtsspezifischen Asylgrund anzuerkennen und betroffenen Frauen Schutz zu bieten.

Schätzungsweise sind weltweit mehr als 200 Millionen Frauen laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) von weiblicher Genitalverstümmelung bzw. -beschneidung betroffen. Genitalverstümmelung wird überwiegend in Afrika, aber auch in einigen Ländern des Nahen Ostens und Asiens praktiziert. Mit der Einwanderung von Frauen aus diesen Ländern nimmt die Zahl der Betroffenen in Deutschland deutlich zu. Inzwischen wird von circa 70.000 betroffenen Mädchen und Frauen ausgegangen. Hinzu kommen Tausende von gefährdeten Mädchen.

Die meisten Frauen leiden ein Leben lang unter den Folgen des oft unter katastrophalen hygienischen Bedingungen durchgeführten Eingriffs. Dazu gehören Einschränkungen im Alltag, Schmerzen beim Leben ihrer Sexualität und Komplikationen im Kontext von Schwangerschaft und Geburt. Zu den körperlichen Folgen kommen häufig posttraumatische Belastungsstörungen oder Depressionen hinzu.

„Genitalverstümmelung ist ein geschlechtsspezifischer Asylgrund. Viele Betroffene wissen jedoch nicht, dass sowohl eine drohende als auch eine bereits erlittene Verstümmelung im Asylverfahren als Fluchtgrund anerkannt werden kann“, erklärt Irme Stetter-Karp, Vorsitzende von IN VIA Deutschland. „Deshalb müssen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mehr Sonderbeauftragte für geschlechtsspezifische Verfolgung ausgebildet werden. Zudem sind auch Entscheider*innen und Rechtsberater*innen entsprechend zu schulen“, zeigt sich Stetter-Karp überzeugt.
IN VIA fordert, unmittelbar bedrohten Mädchen und Frauen rechtliche Sicherheit zu geben. Der unsichere Aufenthaltsstatus von Mädchen und Frauen erhöhe den bestehenden sozialen Druck, die Beschneidungspraxis beizubehalten. Eltern könnten ihre Töchter davor schützen, wenn sie die Garantie hätten, dauerhaft in Deutschland leben zu können, davon sind die Beraterinnen vor Ort überzeugt.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist nicht nur in den Herkunftsländern mit einem Tabu behaftet, sondern auch in Deutschland. Viele Ärztinnen und Ärzte sowie medizinische und sozialpädagogische Fachkräfte sind mit der Behandlung und Begleitung von Betroffenen überfordert. Für eine angemessene Versorgung müssen sie qualifiziert und sensibilisiert werden, auch, um eine Retraumatisierung zu vermeiden. Präventive Arbeit und spezialisierte Beratung und Unterstützung müssen angeboten und langfristig finanziell abgesichert sein.

Um gefährdete Mädchen zu schützen, muss das Thema öffentlich angesprochen werden. Es sollte im Rahmen von Menschenrechtsbildung, sexualpädagogischem Unterricht und sozialer Gruppenarbeit bearbeitet werden. „Wir alle müssen im Interesse der Mädchen und Frauen für Menschenrechtsfragen dringend sensibler werden“, fordert Stetter-Karp.