Konsequent gegen digitale Gewalt vorgehen
Freiburg. Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März macht IN VIA Deutschland auf die besorgniserregenden Ausmaße geschlechtsspezifischer digitaler Gewalt aufmerksam. So gab in einer aktuellen Studie fast jede zweite befragte junge Frau an, schon ungefragt ein Nacktfoto erhalten zu haben, jede fünfte habe schon sexuelle Belästigung im Internet erlebt.
Die repräsentative Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug. Wie Hass im Netz den demokratischen Diskurs bedroht“ legte im Februar umfangreiche empirische Befunde zu Erfahrungen und Folgen von Hass im Netz vor.
Die alarmierenden Ergebnisse decken sich mit den Praxiserfahrungen von IN VIA, heißt es in einer Pressemitteilung. Für Viele gehört Hass im Netz zum Alltag. Doch es trifft nicht alle gleich: Gerade junge Frauen, Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund oder einer Beeinträchtigung sowie queere Personen sind von Hass im Netz betroffen. „Wir sehen, dass digitale Gewalt häufig die Macht- und Gewaltstrukturen in der analogen Welt fortsetzt“, erläutert Regine Rosner, Fachbereichsleitung Frauensozialarbeit und Migration bei IN VIA Deutschland.
Die Folgen von Onlinegewalt sind gravierend: Betroffene Mädchen und Frauen ziehen sich aus ihren sozialen Beziehungen zurück. Sie schildern, dass sie sich hilflos fühlen, Angst haben und unter psychischen oder körperlichen Beschwerden leiden. „In solchen Situationen ist es wichtig, mit Vertrauenspersonen zu sprechen. Mädchen und Frauen dürfen nicht abwarten und hoffen, dass dies von allein zu Ende geht", sagt Meike Rump, Schulsozialarbeiterin bei IN VIA Quakenbrück. In Angeboten der Schulsozialarbeit oder in Mädchen- und Frauentreffs sind sozialpädagogische Fachkräfte wichtige Ansprechpartner*innen in allen Krisensituationen. Sexuelle Belästigung und Cyber-Mobbing sind immer öfter Beratungsanlässe. IN VIA Deutschland fordert den Ausbau von Beratungsangeboten, um die Betroffenen auffangen zu können.
Aber auch Angebote zur Stärkung der Medienkompetenz, wie etwa zum sicheren Umgang mit sozialen Medien, müssen allen jungen Frauen zugänglich sein. Der Schutz von persönlichen Informationen und Daten muss dabei ebenso reflektiert werden wie die Gefahren bei der Veröffentlichung persönlicher Fotos.
„Gerade junge Frauen brauchen Räume, um die eigenen Erfahrungen im Internet zu reflektieren. Wenn sie lernen, wie sie mit Angriffen umgehen und sich gegenseitig stärken können, erleben sie Selbstwirksamkeit,“ erläutert Rump.
Der Verband sieht auch eine Verantwortung bei den Social Media Anbietern. Sie müssen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen, Hassbotschaften und Gewaltdrohungen aus dem Netz zu nehmen. Andernfalls müssen sie mit Bußgeldern belegt werden, die zum Ausbau von dringend benötigten Beratungs- und Bildungsangeboten eingesetzt werden können.
Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der Istanbul Konvention verpflichtet, Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen und Gewalt gegen Frauen zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen. Dies schließt auch digitale Gewalt ein. Auf dieser Grundlage ist eine nachhaltige Strategie für Prävention und eine bedarfsgerechte Unterstützung von betroffenen Mädchen und Frauen sowie gegen Frauenhass und Gewalt im Netz zu entwickeln und zu etablieren.