IN VIA Landesverband Bayern
IN VIA Bayern e.V.
Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit

„Starke Löwinnen“ gegen das Schweigen

IN VIA Bayern FGM C Fachtag Kempten Foto Anke Heinroth kleinKempten. Weibliche Genitalbeschneidung (FGM/C) betrifft auch Frauen im Allgäu. Das machte ein Fachtag von IN VIA Bayern in Kempten deutlich. Rund 50 Fachkräfte, Institutionen und Engagierte kamen Mitte Mai zusammen, um sich zu informieren, auszutauschen und zu vernetzen.

Mit im Zentrum der Veranstaltung stand die Selbsthilfegruppe „Jatto Musolou“, was übersetzt so viel bedeutet wie „Starke Löwinnen“. Der Name ist Programm, weil die Frauen stark sein müssen. Die Gruppe wurde auf Initiative Betroffener gegründet. Unterstützt hat sie dabei Katrin Layh, mittlerweile Projektleiterin für die Fachtage zu FGM/C (engl. FGM/C – Female Genital Mutilation/Cutting) beim Caritas-Fachverband IN VIA Bayern. In den letzten zwei Jahren ist ein Raum entstanden, in dem Frauen ihre Erfahrungen teilen, sich gegenseitig stärken – und sichtbar werden. „Zuhause durften wir nicht darüber reden – hier hört man uns zu. Ich bin sehrIN VIA Bayern Fachtag Kempten 2 klein glücklich“, so Isatou Jallow von der Selbsthilfegruppe. Auch die Anti-FGM/C-Aktivistin Fadumo Korn (München), rief eindringlich dazu auf, das Thema aus der Tabu-Zone zu holen und das Schweigen zu brechen. Etwa 100 000 betroffene Frauen leben laut Kemptens Gleichstellungsbeauftragter Katharina Simon, die die Veranstaltung empathisch und sensibel moderierte, mittlerweile in Deutschland.

Fachlich fundiert – persönlich bewegt

Neben bewegenden Erfahrungsberichten setzten Fachvorträge und Workshops wichtige Impulse. Die Münchner Gynäkologin Dr. Eiman Tahir, selbst nur knapp einer Beschneidung entkommen, schilderte beispielsweise eindringlich die medizinischen und psychologischen Folgen.
Hebamme Mira Frick und Sira Pelosini, Psychologin vom Diakonie-Projekt TAFF (Therapeutische Angebote für Flüchtlinge) machten im Rahmen der „Talkrunde für die regionale Vernetzung“ deutlich, wie wichtig kultursensible Beratung und fachlich fundierte Unterstützung sind – vor, während und nach der Geburt, im Alltag, im Asylverfahren und in der Trauma-Arbeit.
Ein zentrales Ziel des Fachtags war es, Fachkräfte für das Thema zu sensibilisieren, Begrifflichkeiten zu klären und sprachfähig zu machen – auch im interkulturellen Kontext. So ist FGM/C zwar die international übliche Abkürzung für Weibliche Genitalverstümmelung. Begriffe wie „Sunna“ oder „Pharaoni“ würden aber womöglich helfen, das Thema in bestimmten Herkunftskulturen einzuordnen, ohne zu überfordern.

Netzwerk als Schlüssel zur Hilfe

Der Fachtag bot Raum für Austausch und Vernetzung – und soll nachwirken. Der Kemptener Qualitätszirkel FGM/C, bestehend seit 2019, will den Schwung der Veranstaltung nutzen, um seine Arbeit weiter voranzubringen. Das Diakonie-Projekt TAFF, Pro Familia Kempten und viele weitere Einrichtungen arbeiten an einem engmaschigeren Unterstützungsnetz für betroffene Frauen.

Starke Partnerinnen – starker Tag

Der Fachtag wurde von IN VIA Bayern organisiert und vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales gefördert. Unterstützung kam außerdem von der Stadt Kempten, der Diakonie Allgäu und vielen engagierten Einzelpersonen.
Umrahmt wurde die Veranstaltung von der Ausstellung “Women Power against FGM/C”, gestaltet von den „Starken Löwinnen“. Die musikalische Begleitung übernahm die Harfenistin Verena Raps, die mit ihren Klängen Raum für emotionale Verarbeitung schuf. Grußwort sprachen Stadträtin Katharina Schrader für den Oberbürgermeister der Stadt Kempten und Vorständin Christine Scholl von der Diakonie Allgäu.

„Mit diesem Fachtag wollen wir ein Zeichen setzen – gegen das Schweigen, gegen die Isolation und für die Rechte und die Würde der betroffenen Frauen“, so Katrin Layh, Projektverantwortliche vom Frauenfachverband IN VIA Bayern.